Verstößt der Fahrer eines Traktors mit Anhänger beim Linksabbiegen grob gegen das Gebot der doppelten Rückschaupflicht und kollidiert dabei beim Linksabbiegen mit einem zeitgleich überholenden Pkw, führt dies dazu, dass ein etwaiges Mitverschulden des Überholenden wegen Überholens bei unklarer Verkehrslage nicht ins Gewicht fällt. So hat das Landgericht Lübeck mit Urteil vom 05.02.2014, Az. 17 O 255/12 entschieden. Dabei führte das Gericht aus, der Beklagte habe als Linksabbieger gegen § 9 Abs. 1 StVO, insbesondere auch gegen § 9 Abs. 1 S. 4 StVO und § 9 Abs. 5 StVO, verstoßen. Denn er sei seiner doppelten Rückschaupflicht nicht nachgekommen, als er in die Einfahrt des Bauernhofes eingefahren sei. Deswegen sei er mit dem klägerischen Fahrzeug kollidiert, welches nach Beginn des Überholvorgangs den Beklagten beinahe vollständig überholt und sich bereits neben dem Beklagten befunden habe. Dabei spreche gegen den Beklagten als Linksabbieger schon der Beweis des ersten Anscheins, dass dieser den Verkehrsunfall allein verschuldet habe. Dies ergebe sich aus § 9 Abs. 5 StVO, wonach beim Abbiegen in ein Grundstück eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen sei.
Im vorliegenden Fall ging es um einen Traktorfahrer mit Gülleanhänger, der von der Straße nach links in seine Hofeinfahrt abbiegen wollte, als ihn gerade eine Frau mit ihrem Pkw überholte. Dabei stießen die beiden zusammen und der Klägerin entstand ein Schaden von ca. 15.000,00 €.
Übrigens hat es das Gericht in diesem Fall dahinstehen lassen, ob der Klägerin ein mitverursachender Verstoß gegen das sich aus § 5 Abs. 3 StVO ergebende Überholverbot anzulasten sei. Denn aufgrund der erhöhten Betriebsgefahr des Traktors und des groben Verschuldens des Beklagten sei ein möglicher Verursachungsbeitrag der Klägerin derart gering, dass dieser zurücktrete. Deshalb musste der Traktorfahrer den kompletten Schaden, der der Klägerin entstanden ist, erstatten.